Anfang April fand der offizielle Start des Programms Kunstmentorat NRW statt. Bis auf Ruppe Koselleck, der an diesem Tag eine lange und aufwendige Performance in Mülheim/Ruhr durchführte, waren alle siebzehn Mentor*innen aus dem Niederrhein, dem Ruhrgebiet, dem Münsterland, der Rheinschiene und aus Ostwestfalen-Lippe nach Bochum angereist – ein guter, geographischer Mittelpunkt im Lande. Wenige Wochen vor dem Beginn der Bewerbungsphase für das Mentorat NRW, kann dieses erste große Zusammentreffen eine gute Gelegenheit für alle Beteiligten sein, um sich kennenzulernen und auszutauschen.

Wolfram Lakaszus hatte uns freundlicherweise die Tore der Rotstr.5-Kunsthalle geöffnet. Angeführt von Julia Malcherek, die mit ihrer 15-jährigen Mentorat-Erfahrung aus Rheinland-Pflaz das Kunstmentorat in NRW supervisiert, wurde den ganzen Tag über die Motivation jedes Einzelnen und über die Ziele des Programms diskutiert. Dabei lauteten die zentralen Fragen: „Was ist meine Rolle als Mentor*in?“, „Wie kann ein sinnvolles und konstruktives Tandem mit dem Mentee gebildet werden?“, „Was soll erreicht werden?“. In diversen dynamischen Workshops wurden diese Fragen in kleinen Gruppen und im Plenum erörtert.

re.: Brigitta Heidtmann und Beate Höing

Selbstverständlich wurden organisatorische Fragen an diesem Tag besprochen. So wurde auf den Programmablauf und das Auswahlverfahren der Tandems im Detail zurückgekommen. Im Hinblick auf die Finanzierung wurde mitgeteilt, dass ein Zuschuss von 50€ für 2019 und von 500€ für 2020 als Fahrt- und Aktivitätskosten für jede*n Mentor*in und jede Mentee zur Verfügung steht. Darüber hinaus wird das Landesbüro für Bildende Kunst individuelle Fachberatungen anbieten, um berufstechnische Sachfragen (z. B. zu VG-Bild, zu Steuer oder KSK-Themen) zu beantworten.

Ein wichtiger Diskussionspunkt bestand in der Selbstdefinition des Mentors*der Mentorin in seiner/ihrer Beziehung zum Mentee. Da wurde deutlich gemacht, dass ein Meister*in-Schüler*in-Verhältnis genauso unangebracht und unerwünscht wie die Vorstellung eines Vor- und Nachbilds ist. Auch wenn die Mentor*innen einen Wissensvorsprung und eine ausgewiesene berufliche Expertise haben, findet die Begegnung mit „ihren“ Mentees auf Augenhöhe statt. Ein Mentor erzählte, dass er sich ein Mentee aussuchen wird, weil er dessen Arbeit spannend findet und sich von der anhaltenden Beziehung eine bereichernde Erfahrung vorstellt. Ungeachtet aller sozioberuflichen Faktoren, steht immer das Werk im Mittelpunkt, also die inhaltliche Beschäftigung mit der Produktion des Mentees.

Die potentielle Erwartungshaltung der künftigen Mentees wurde ebenfalls thematisiert. Dass die Mentorin*der Mentor nicht da ist, um einen Marktzugang für ihren*seinen Mentee zu beschaffen, war allen klar. Der Mentee soll während des Programms einen „freien Lauf“ genießen und seine Arbeit sowie seine berufliche Vorstellung entfalten. Dabei spielt der*die Mentor*in eine Art Leitplanken-Rolle und holt sein Mentee immer wieder auf den Boden der Tatsachen. Weil das Kunstfeld sich nicht für eine einheitliche Berufsformel eignet, gibt es keine Garantie auf “Erfolg“ – wie auch  immer dieser Begriff zu definieren ist. Man kann höchstens von Best-Practise-Beispiele ausgehen und sie an jeden individuellen Fall anpassen. Der Mentor*die Mentorin muss einen sowohl empathischen als auch sachlichen Standpunkt finden, wo dem aus seine Felderfahrung für den Mentee hilfreich wird.

Aus meiner Perspektive war der Kick Off des Kunstmentorat in Bochum nicht nur aufgrund seiner kommunikativen Funktion gut und wichtig, er machte vor allem deutlich, dass schwer greifbare Elemente wie das Atmosphärische und Zwischenmenschliche eine bedeutende Rolle im Prozess der Professionalisierung spielen. Daher war es mir ein Anliegen, eine konstruktive Stimmung des Zusammenhalts und der kommunikativen Transparenz von Anfang an zu schaffen. Abseits des vermeintlichen Konkurrenzdenkens in einem gesättigten Feld sollten Werte der Solidarität, der Kollegialität und des Austausches in den Vordergrund gestellt werden. Der Anfang war in dieser Hinsicht – so zumindest mein persönlicher Eindruck – gelungen. Und mit diesem Anspruch wollen wir ja in die nächste Phase gehen….